Children of Blood and Bone

— Rezension —

Von diesem Buch habe ich viel gehört, überall wurde davon geschwärmt. Dementsprechend hatte ich hohe Erwartungen, wohl etwas zu hoch. Es lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück.

Children of Blood and Bone
von Tomi Adeyemi
Fantasy
erschienen 2018 bei Macmillan (bezieht sich auf die englische Ausgabe)

Die Geschichte spielt in einem spannenden, ungewöhnlichen Setting: Orïsha – ein an Nigeria angelehntes magisches Land. Es macht sehr viel Spaß, von den für uns ungewohnten Bauten und den fantastischen, an bekannte Raubtiere angelehnte Wesen zu lesen. Wer wollte nicht schon immer mal auf einem riesigen Löwenwesen die Landschaft erstürmen?

Viel gelobt wurde in dem Zusammenhang, dass die Helden der Geschichte, dem Setting entsprechend, afrikanischer Abstammung sind. Wir bräuchten mehr dunkelhäutige Helden in unseren Geschichten, müssen unsere heutige Gesellschaft besser in ihrer Bandbreite widerspiegeln. Dem stimme ich voll und ganz zu und war dementsprechend gespannt auf dieses Buch. Umso verwirrter war ich am Anfang zu lesen, dass in Orïsha ein doch sehr an die Sklaventraditionen vergangener Welten erinnerndes System herrscht: Der regierende Adel hat hellere Haut, wogegen sich die unterdrückten und misshandelten Magierabkommen durch schwarze Haut abheben. Irgendwie hatte ich erwartet, dass in dem Buch als Botschaft für Gleichberechtigung und Anerkennung die Charaktere mit der dunkleren Haut gleichgestellt oder vielleicht sogar höhergestellt sein würden, um ein neues Bild aufzuzeigen.

Hinzu kommt, dass die Kinder, die in der Geschichte als Magier von den Göttern erwählt sind, weiße Haare haben. Rein optisch finde ich weiße oder silberne Haare schon cool, aber erinnert das nicht zu sehr an Blond? Meines Wissens ist es nicht einfach, schwarze, gelockte Haare weiß zu bekommen. Wäre es da nicht einfacher, sich mit den Magierhelden zu identifizieren, wenn sie stolz schwarze Locken tragen? Oder will die Autorin damit gerade solche starren Ansichten aufbrechen? Vielleicht interpretiere ich hier auch zu viel hinein.

Im Nachwort der Autorin begann ich zu verstehen, dass sie mit diesem Setting der Geschichte auf die Missstände in unserer heutigen Gesellschaft hinweisen wollte. In Zeiten, in denen trotz allen Geredes von Gleichberechtigung Polizisten gezielt Menschen dunklerer Hautfarbe erschießen, soll diese Geschichte zum Nachdenken und vielleicht sogar Handeln anregen. Vielleicht war ich als deutsche Leserin einfach zu weit von diesen Geschehnissen entfernt, um diese Verbindung zu ziehen.

Nun zu der eigentlichen Geschichte. In Children of Blood and Bone brechen die junge potentielle Magierin Zélie, ihr Bruder Tzain und die Prinzessin Amari auf, um die von Orïsha gebannte Magie zurückzubringen. Die Geschichte an sich hat mich vom Thema her nicht wahnsinnig gefesselt. Als Fantasy-Vielleser hat man so etwas in der Art schon oft genug gelesen. Speziell und ergreifend wird es erst durch die vielschichtigen Charaktere. Zélie, die durch die Ermordung ihrer Mutter durch den König alles hasst, was mit dem Königreich in Verbindung steht. Amari, die erkennen muss, dass Magie nicht zwangsläufig böse ist und ihr Vater, der König, mit dem Blutbad zur Ausrottung der Magier eine schreckliche Tat begangen hat. Ach Amari, sie ist in der ganzen Geschichte für mich die tollste Charakterin. Wie sie innerlich wächst und immer stärker wird, ist wundervoll mitzuerleben. Und dann die Freundschaft zwischen Zélie und Amari, die unter einem so schwierigen Stern steht und zum Schluss aber ein so starker Aspekt der Geschichte wird. Der gutmütige, liebevolle Tzain wirkt neben den ganzen starken Charakteren fast ein wenig verloren, ist aber trotzdem nicht wegzudenken, wie ein Anker, der alles im Gleichgewicht hält.

Und dann ist da Inan. Er ist dieser Antagonist mit guter Seele und Gewissensbissen, der einem eng ans Herz wächst. Ein richtig starker Charakter, von der Entwicklung her hat er mich am meisten mitgenommen und berührt. Bis zu diesem einen Punkt gegen Ende, wo er noch einmal alles über den Haufen wirft und plötzlich doch nicht mehr auf Zélies Seite ist und Zélie ihn plötzlich in stummem Einverständnis ebenfalls nicht mehr sehen will und ich dachte mir nur … häääää???? Was habe ich verpasst?! Irgendwie bin ich da auf der Strecke geblieben und ich bin wirklich geschockt. Das ist mir vorher noch nie bei einem Buch passiert, dass ich wirklich im tiefsten Inneren nicht verstehe, wo diese schwerwiegende charakterliche Wandlung herkommt. Sicher, es passiert, dass man einen Charakter einfach nur ohrfeigen möchte oder irgendwann über seine Handlungen nur noch die Augen verdrehen kann, aber dass ich es wirklich schlichtweg nicht verstehe … Dabei fand ich Inan bis zu diesem Punkt unglaublich gut geformt und nachvollziehbar in seiner Entwicklung und herzergreifend. Und dann kehrt er plötzlich wieder zurück zum Volldepp der Anfangslage?? Ihr seht, ich bin tiefgehend verwirrt.

Zum Schluss muss ich ein großes Lob an den/die Coverdesigner/in aussprechen. Ich hatte schon vorher gehört, dass das Cover sehr schön sein soll, und konnte das aufgrund des Internetbildes nicht nachvollziehen. Dann habe ich das Buch zum ersten Mal in einer Buchhandlung neben der Kasse liegen sehen und musste es sofort in die Hand nehmen und bestaunen und streicheln, weil es im reallife unglaublich gut aussieht! Die Farben sind so stimmig und diese silbernen Streifen im Haar und überhaupt. Großartig! (Nur für samtige Cover werde ich mich leider nie erwärmen können. Wenn ich das anfasse, graut es mir. Aber gut, ist eben gerade in.)

Children of Blood and Bone lässt mich eher verwirrt als glücklich zurück, dennoch ist es ein starkes Buch und ich empfehle euch, es zu lesen, um euch selbst ein Bild zu machen. Und dann kommt bitte zurück und erklärt mir, was mit Inan los ist, okay? 😉

Währenddessen hoffe ich auf den zweiten Teil, auf dass er etwas von meiner Verwirrung löst. Ich habe das Buch, wie zu Anfang erwähnt, auf Englisch gelesen, da ich Bücher gerne in ihrer Originalsprache lese (sofern ich diese beherrsche). Children of Blood and Bone zähle ich hier auf Englisch zu etwas komplizierterer Lektüre, was aber zum Teil auch an den (vermutlich) nigerianischen Ausdrücken liegt, die ich nicht kenne. Nebenbei wird gerade die Verfilmung des Buches vorbereitet. Ich bin sehr gespannt, wie sie das umsetzen, und freue mich auf einen farbenfrohen Film.

P.S.: Ich werde mir den Titel dieses Buches niemals merken können. Als eingefleischter Laini Taylor Fan mit Daughter of Smoke and Bone als mein Lieblingsbuch, werde ich da für immer herumstammeln :’D

Rezensionsfoto Children of Blood and Bone